Lerncoaching mit System

Rechtschreibung durch Sprechen – eine zweifelhafte Methode

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Ein Schüler, den ich im Coaching betreue, besucht eine LRS-Klasse. Im nächsten Schuljahr wird er an seine alte Schule zurückgehen. Zwei Jahre lang hat er die LRS-Klasse besucht, seine Rechtschreibung ist dennoch „sehr kreativ“. Um es vorweg zu nehmen, ich möchte nicht behaupten, dass ihm der Besuch der LRS-Klasse nichts gebracht hätte. Seinen Leistungsstand vorher kenne ich nicht. Dennoch leidet er unter seinen Ergebnissen.

Wie alle „Kreativschreiber“ spricht auch er beim Schreiben die Worte vor sich her. Er versucht so, sich die korrekte Schreibweise auditiv zu erschließen – Rechtschreibung durch sprechen. Dieses Mitsprechen sorgt bei Kindern mit Rechtschreibproblemen ganz oft für noch mehr Verwirrung.

Beispiel (aus der Praxis):

Ist es nun ein Blitz oder doch ein Blietz beim Gewitter oder Gewiedder? Schreibt man Socken oder Soggen? Ist es ein Brief oder doch lieber ein Brif?

Wie allen Kids, die ins Coaching kommen, habe ich natürlich am Anfang auch ihm die Strategie der sicheren Rechtschreiber erklärt. In seinem eigenen Umfeld fand er auch genügend Menschen, die rechtschreibsicher sind und völlig stumm lesen und schreiben können. Interessanterweise kannte er auch niemand, der rechtschreibsicher war und Rechtschreibung durch sprechen praktizierte.
Nur bei ihm wollte der Mund einfach nicht zu bleiben. Dafür gab es auch eine ganz einfache Erklärung. Kinder in LRS-Klassen werden besonders animiert, beim Schreiben die Wörter mitzusprechen. – „Wir müssen immer mitsprechen.“ – Diese von der Schule vermittelte Strategie – Rechtschreibung duch Sprechen – war bei ihm mehr als fest verankert. Zu einer sicheren Rechtschreibung hatte ihm das allerdings nicht verholfen. Wie auch? Interessanterweise fertigte er manchmal selbst Probeschreibungen an, wenn er sich ganz und gar unsicher war. Probeschreibungen nutzen sichere Rechtschreiber als Hilfsstrategien, wenn sie sich in der Schreibweise eines Wortes nicht sicher sind. Sie entscheiden dann danach, was besser aussieht.

Ziel des LRS-Coachings ist es, „Kreativschreibern“ die Strategie der sicheren Rechtschreiber beizubringen, indem sich es einfach selbst tun und so die Erfahrung machen, dass es auch bei ihnen funktioniert. Mein Schüler gab sich auch wirklich alle Mühe. Seine in der Schule erlernt Strategie „Ich muss immer mitsprechen.“ blieb für ihn absolut vorherrschend. Dieses Mitsprechen forderte so seine ganze Aufmerksamkeit und lies ihm keinen Raum für andere – sinnvolle – Überlegungen.

Alle Kreativschreiber haben Wörter, die sie fehlerfrei schreiben können. Keiner hat eine Fehlerquote von 100%. Genau an diesen Wörtern kann man ihnen dann aber auch zeigen, dass bei ihnen die Methode der sicheren Rechtschreiber auch problemlos funktioniert.

Ich wählte für meinen Schüler ca. 50 Bildkarten mit Abbildungen von Gegenständen, Personen und Tätigkeiten aus. Was ist hier dargestellt? Muss ich es groß oder klein schreiben? Kann ich mir für das Wort einen Zusammenhang herleiten? (Beispiel: schälen hat etwas mit Schale zu tun und wird deshalb mit ä geschrieben) Die wichtigste Aufforderung aber lautete: Heute bleibt der Mund beim Schreiben zu! Das war für ihn eine große Herausforderung, half aber super. Seine Fehlerquote reduzierte sich in der dieser Stunde mehr als deutlich. Das war für ihn eine tolle Erfahrung!

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